Vor 100 Jahren: Die Eingemeindung von Oberlutter und Stift Königslutter in Königslutter zum 1. Januar 1924

100 Jahren
100 Jahren

Das Stadt- und Bildarchiv Königslutter erinnert an die Eingemeindung der beiden selbständigen Gemeinden Oberlutter und Stift Königslutter in die Stadt vor 100 Jahren und an den Ehrenbürger, Kantor Adolf Lüders, Heimatforscher und Zeitzeuge des Zusammenschlusses.

Wie der alte Plan von 1761 des Gesamtortes zeigt, gab es drei Ortsteile: Im Norden die von Mauern umgebene Stadt, südlich davon, direkt anschließend, das Dorf Oberlutter und das Stift Königslutter, das Gebiet um den Kaiserdom. Verbunden waren die Ortsteile durch einige Straßen und Gassen und durch den kleinen Bach, der Lutter, die oberhalb am Rand des Elms entspringt.

Weil über die Stadt schon viel berichtet wurde, sollen hier die beiden kleineren Ortsteile vorgestellt werden.

Oberlutter

Bis etwa 1300 gehörte das „Oberdorf“, so war die damalige Bezeichnung zum Marktflecken Lutter, dem späteren Königslutter. Erst danach wurde es eine selbständige Gemeinde. Es waren wohl „Hörige“ der Burg Königslutter und des Klosters, die sich hier angesiedelt hatten. Meist besaßen sie kein eigenes Land, nur Gärten für die sie Zinsen zahlen sowie Hand- und Spanndienste leisten mussten. Die Häuser waren klein, oft aus dem heimischen „Duckstein“ und darauf Fachwerk gebaut, das Dach mit Stroh gedeckt. Lediglich zwei Bauernhöfe, die mehr Land besaßen, hatten größere Gebäude. Dazu gehörte die „Brücke“, die als einziges Gehöft in Oberlutter die „Braugerechtigkeit“ besaß und das berühmte Ducksteinbier brauen durfte. Bereits 1760 waren es etwa 500 Einwohner, die in 67 Häusern wohnten. Die meisten waren „Tagelöhner“ und verdienten ihr Brot durch handwerkliche Tätigkeiten. Nach den Aufzeichnungen gab es 1769 u. a. 28 Maurer, 26 Leineweber, 7 Zimmerleute und je 6 Tischler und Schneider. Die Verdienste waren gering und die Belastungen durch Zinsen, Steuern, Abgaben und Hand- sowie Spanndienste sehr groß, dass die Gemeinde als „ärmster Flecken im Lande Braunschweig“ galt. Im 19. Jahrhundert war das Dorf sogar ein Herd sozialer Unruhen und es gab Aufstände.

Durch die Industriealisierung und die Gründung der „Herzoglichen Heil- und Pflegeanstalt“ 1865 besserten sich die Verhältnisse und die Bevölkerung wuchs. So hatte die Gemeinde 1905 etwa 750 Einwohner, die in 435 Haushalten und 161 Gebäuden lebten.

Als Pfarrkirche diente die schon im 12. Jh. errichtete, ehemalige „Nonnenkirche“ St. Clemens, später die Stiftskirche. Der mächtige, hohe, steinerne Turm mit einem Schrägdach blieb noch bis ins 19. Jh. erhalten. Die Verwaltung der Gemeinde lag in den Händen des „Bauermeisters“. Er musste einen Diensteid ablegen und der Obrigkeit jede Woche Rechenschaft geben. Seine Aufgaben waren, die Steuern, Zinsen und Abgaben einzukassieren, monatlich abzurechnen, die „Frondienste“ zu überwachen, die Feuerstellen zu kontrollieren, für Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Für seine Dienste war er frei von allen Abgaben, brauchte keine Frondienste zu leisten, er war die wichtigste Person in der Gemeinde.

Stift Königslutter

Die Entstehung der Gemeinde geht auf die Gründung eines „Augustiner-Nonnenklosters“ durch die Grafen von Haldensleben um das Jahr 1100 zurück. Es wurde 1135 von Kaiser Lothar III. aufgelöst und in ein „Benediktiner-Mönchskloster“ umgewandelt. Der Ort, der als selbständige politische Gemeinde galt, und nur das „Schul- und Armenwesen“ zusammen mit Oberlutter hatte, zählte um 1900 etwa 550 Einwohner. Das bedeutendste Bauwerk der sog. „Klosterfreiheit“ war die Stiftskirche mit der angeschlossenen Klosteranlage. Auf dem Klostergelände wurde 1865 die „Herzogliche Heil- und Pflegeanstalt“ errichtet. Größere Gebäude waren das Pfarrhaus und das ehemalige Spital des Klosters, das später als Forsthaus genutzt wurde. Die kleineren Gebäude waren meist „Erbzinshäuser“, deren Bewohner vorwiegend im Kloster, später in der Heil- und Pflegeanstalt arbeiteten.

Die Eingemeindung

Am 21. Juli 1923 beschloss die Braunschweigische Landesversammlung ein Gesetz, das die Eingemeindung von Oberlutter und Stift Königslutter in die Stadt Königslutter zum 1. Januar 1924 festlegte. Das war schon jahrzehntelang gefordert worden, hatte aber keine Mehrheit gefunden. Vor allem die Landgemeinden wehrten sich, wollten selbständig bleiben, mussten dann aber zustimmen, weil es sinnvoll war und das Gesetz es regelte.

Kantor Adolf Lüders, 1851 – 1937

Er wurde 1851 als Sohn des Erfinders der Handdrillmaschine, Kantor Ludwig Lüders, in Leiferde geboren. Nach seiner Lehrerausbildung in Wolfenbüttel kam er 1871 als „Gehilfslehrer“ an die „Stiftsschule“ in Königslutter, an der er 50 Jahre unterrichtete. Anfangs war die Schule in engen Wohnräumen untergebracht, in diesen bis zu 80 Kindern in einem Raum von einem Lehrer unterrichtet wurden. Im Jahre 1878 gab es endlich einen Neubau mit vier Klassenräumen. Im gleichen Jahr wurde Adolf Lüders Organist in der Stiftskirche und 1895 zum „Kantor“ und 1. Lehrer der Stiftsschule ernannt. Neben seiner Lehrer- und Organistentätigkeit war er über Jahrzehnte im Rat der Gemeinde und im Schul- und Kirchenvorstand tätig. Im Ruhestand widmete er sich voll  der Heimatforschung, veröffentlichte viele heimatkundliche Artikel im „Amtsblatt“, dem späteren „Generalanzeiger“ und in anderen Publikationen. Sein Buch „Geschichte Königslutter, Oberlutter und Stift Königslutter“ erschien 1909 und danach noch andere Werke.

Adolf Lüders erhielt viele Ehrungen, so 1935 die Ehrenbürgerschaft, auch wurde nach ihm eine Straße in Königslutter benannt.  –  Täglich war er im Elm und in der Umgebung als Wanderer unterwegs und forschte bis an sein Lebensende. Sein Wirken in der Stadt verdient es, ihn in Erinnerung zu halten.

Wilfried Kraus

Bildtext:

Der Ehrenbürger der Stadt Königslutter am Elm, Adolf Lüders im Jahre 1936.

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