Anfang November feiert das Akkordeon-Jugendorchester Destedt seinen fünfzigsten Geburtstag – und das ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Denn wer glaubt, dass ein Akkordeonorchester auf dem Land etwas Verstaubtes sei, der täuscht sich gewaltig. Hier trifft Leidenschaft auf Gemeinschaft, Tradition auf frischen Sound.
Ob Stevie Wonders Klassiker „Happy Birthday“ am 8. November in der Epiphaniaskirche in Destedt auf dem Programm steht (Beginn 17 Uhr), wissen wir nicht. Aber allein das Jubiläum ist Grund genug, einmal genauer hinzusehen. Und ein bisschen journalistische Neugier darf da ruhig mitschwingen – schließlich feiert hier kein Sinfonieorchester der Großstadt, sondern eine eingeschworene Dorfgemeinschaft, die seit einem halben Jahrhundert den Takt auf dem Akkordeon vorgibt.
Bei unserem Besuch in Destedt beginnt alles mit einer kleinen Lektion in Instrumentenkunde. Meine Frage, warum manche Akkordeons auf beiden Seiten Klaviertasten haben und andere Knöpfe, löst ein breites Grinsen beim Vorsitzenden Jens Voges aus. „Das mit den Knöpfen auf beiden Seiten ist kein Akkordeon, sondern eine Steirische Harmonika“, klärt er mich auf. Wieder was gelernt.
Voges ist seit 1994 dabei, seit acht Jahren Vorsitzender. Musik liegt ihm im Blut – gemeinsam mit seiner Frau Antje war er früher als professioneller DJ unterwegs. Heute leitet er den Verein mit 112 Mitgliedern, von denen 27 aktiv im Orchester mitspielen. Einer davon: Ortsbürgermeister Diethelm Krause-Hotopp. Eine Bilanz, die sich sehen lassen kann.
„Wir treffen uns mittwochs um 19 Uhr im Kellerraum der Grundschule“, erzählt Voges. „Das ist ideal, weil unsere Instrumente empfindlich sind.“ Verständlich: Ein Akkordeon kostet zwischen 2.000 und 10.000 Euro, das Stimmen ist aufwendig und teuer. Wer es einmal ausprobieren möchte, kann sich ein Instrument leihen – ein unkomplizierter Einstieg für Neugierige.
In den Regalen des Übungsraums an der Schulstraße lagern Noten für 1.000 bis 2.000 Stücke. Wer hätte das gedacht? „Wir sind in vielen Genres zu Hause“, sagt Voges. „Zehn bis zwanzig Auftritte pro Jahr gehören dazu – vom Dorffest bis zum Oktoberfest.“ Letzteres ist meist schnell ausverkauft und gilt als eines der Highlights im Veranstaltungskalender.
Doch bei aller Freude über das Jubiläum ziehen am Horizont dunkle Wolken auf. In der Elternschaft der Grundschule kursiert die Idee, den Probenraum des Orchesters künftig wieder für den Schulbetrieb zu nutzen. Eine entsprechende Anfrage in einer Gemeinderatssitzung wurde gemacht. Dafür wären allerdings Umbauten nötig – und was dann aus dem Orchester wird, steht in den Sternen. Eine Alternative wäre vielleicht das Haus der Vereine. Aber auch hier müssten wahrscheinlich ein paar Umbauten vorgenommen werden. Bürgermeister Detlef Kaatz kennt das Problem. Eine Lösung ist noch nicht in Sicht. Und so bleibt zu hoffen, dass sich in Destedt nicht nur musikalisch, sondern auch in der Raumfrage bald der richtige Ton findet.
